Reinhard Scholtz

Mit dem Wohnmobil durchs südliche Afrika

(23.09. – 23.10.2002)

Namibia – Botswana – Sambia   

  

Namibia     Botswana     Sambia

 

Herero-Frau in Namibia

 

Geografische Eckdaten zu Namibia:

Fläche:  824 269 km2  (zum Vergleich Deutschland: 356 970 km2) 

Einwohnerzahl:  1 674 116  (Deutschland: 82 000 000)

Einwohnerdichte:  2 Einwohner pro km2

Hauptstadt:  Windhoek  (170 000 EW)

Bevölkerung:  Schwarzafrikaner: 86%,   Weiße: 6,6%,  Mulatten: 7,4%

Sprachen:  Englisch, Afrikaans, Deutsch

Lage:  Namibia grenzt im Norden an Angola und Sambia, im Osten an Botswana und Südafrika, im Süden an Südafrika und im Westen an den Atlantischen Ozean.

Klima:  In Namibia herrscht im Allgemeinen ein heißes und trockenes Klima. Der meiste Regen fällt im Sommer (Oktober bis März).

 

Wechselkursinformation: (Herbst 2002)

Namibia

Botswana

Sambia

10 Namibische $ = 1 €

10 Pula = 1,60 €

1 000 Kwatcha = 0,25 €

 Tourverlauf: 

Namibia:

Windhoek

Botswana:

Ghanzi – Maun – Moremi Nationalpark – Nata – Kasane

Sambia:

Livingstone – Sinanzongwe (Karibasee) – Livingstone

Namibia:

Katima Mulilo – Ngepi Lodge (Okavango) – Tsumeb – Etosha Nationalpark – Otjiwarongo – Otjitotongwe Lodge (Cheetah Park) – Twyfelfontein – Swakopmund – Rostock Lodge (Namib Naukluft Gebirge) – Sossousvlei – Windhoek

gesamt: ca. 6000 km

 

Reisetagebuch:

Montag, 23.September 2002  (München – Windhoek/Namibia)

7Grad draußen, und es nieselt – das richtige Wetter, um der Heimat den Rücken zu kehren. Ich sitze im Zug nach München, von wo mich die LTU-Maschine ins sonnige Namibia bringen soll. Am Flughafen werde ich Michael, meinen Augsburger Reisepartner treffen. Dann gibt es „Gepäcksharing“, will heißen, meine 20 kg plus Michaels 40 kg gehen gemeinsam übers Laufband. 60 kg geteilt durch zwei macht dreißig erlaubte pro Person. Michael muss zum einen Ersatzteile für sein in Windhoek stationiertes Wohnmobil, zum zweiten medizinisches Gerät, Medikamente usw. für Freunde und Bekannte in Namibia bzw. Sambia mitnehmen. Daher die ungleiche Gewichtsverteilung.

Kurz zur Vorgeschichte: Unter der Adresse www.travelmates.de habe ich vor Monaten gestöbert auf der Suche nach einem geeigneten Reisepartner für mein bevorstehendes Sabbatjahr. Auf diese Weise wurden mehrere Mails mit verschiedenen Leuten ausgetauscht, bis ich auf die nette „Dumbo“-Anzeige stieß, in der ein Wohnmobil namens Dumbo einen geeigneten Bewohner für einen Afrika-Trip Ende September suchte. Schnell war der Kontakt hergestellt, ein Besuch in Augsburg folgte, und schon war’s beschlossene Sache: der Dumbo-Besitzer Michael und ich wollen gemeinsam eine Tour durch Namibia, Botswana, Sambia und je nach politischer Lage Simbabwe unternehmen.

Gesagt, getan. Wie oben erwähnt, startet die Tour nun also heute am Montag, den 22.09.2002.

LTU steht für luxuriöses Fliegen – hatte ich gedacht. Doch zunächst macht das Tochterunternehmen der Lufthansa wenig positiv auf sich aufmerksam. Aber der Reihe nach. Treffen am Münchner Großflughafen. Michael als Schwerbehinderter – eine Rolle, die ihm zu liegen scheint. Er will einen ausrangierten Rollstuhl quasi nach Namibia schmuggeln, um diesen dort einem karitativen Zweck zuzuführen. Und da er einen Schwerbehindertenausweis hat, sollte ihm dies gelingen, zumal er seine Rolle in Perfektion abliefert.

Endlich im Flieger. Und siehe da, die LTU scheint zu Sparmaßnahmen gegriffen zu haben. Irrsinnig enge Sitze mit minimalem Abstand zum Vordermann. Aber auch hier bringt uns Michaels Schauspielkunst weiter. Wir können uns relativ entspannt  ausdehnen. Und dann zum Verdruss vieler Mitreisender: Alkohol nur gegen Cash. So was gab’s bei den Edelairlines noch nie.

 

Di. 24.09.  (Windhoek)

Gegen viertel nach sechs in der Frühe erreichen wir nach herrlichem Sonnenaufgang über einem Wolkenmeer unser erstes Ziel: Windhoek.

Erfreulicherweise  steht schon unser „Taxi“ bereit, das uns zu Kapps’ Farm bringen soll. Die Taxifahrerin heißt Inge Metzger, ist Besitzerin dieser Farm und zugleich eine gute Bekannte meines Reisepartners. Zügig geht es Richtung Windhoek (40 km vom Flughafen entfernt), bis wir nach etwa 20 km in eine Wellblechpiste  einbiegen, die zu besagtem Anwesen führt. Hausbesichtigung, ein paar Streicheleinheiten für die vielen Hunde und dann der Schock: vor eine paar Tagen ist in das hier abgestellte Wohnmobil eingebrochen worden. Wie die Vandalen haben die Täter in dem Mobil gehaust. Und zu allem Überfluss haben sie auch noch etliches mitgehen lassen. Vor allem Michael ist trotz seines bajuwarischen Naturells fassungslos. Doch da hilft kein Lamentieren. Schadenssichtung, Aufräumarbeiten, Einkaufsliste erstellen, und schon sieht die Urlaubswelt wieder rosiger aus. Schließlich haben wir den Abenteuerfaktor mitgebucht. Das herrlich angenehme sommerliche Wetter tut sein Übriges.

Am Nachmittag dann auf in die Hauptstadt, wo ich mich absetze, um erste Eindrücke meines Reiseziels zu sammeln. Bei den Einkaufs- und Reparaturvorhaben kann ich eh nichts ausrichten.

Dass Namibia nicht gerade ein Paradebeispiel für Schwarzafrika ist, eher so eine Art „Africa light“ darstellt, ist ja bekannt. Also war ich natürlich auf deutsches Ambiente eingestellt. Kaiserhof, deutsche Geschäfte, Straßennamen usw. Doch was soll’s. Mir gefällt’s. Eine moderne „little big city“ von ca. 270 000 Einwohnern, sauber, gepflegt und elegant, die aber trotz ihres Deutschtums noch reichlich afrikanische Züge trägt. Ein erster Bummel zum Schauen, Kaufen und vor allem Fotografieren!

Mein E-Mail-Gruß aus dem Internetcafé an die Lieben daheim rundet den Erkundungsgang ab.

Das gemeinsame Abendessen mit Inge und deren Sohn Michael in Joe’s Beerhouse bei einem etwas zähen, dafür aber riesigen Zebrasteak runden den Tag ab. Mir macht vor allem der Sprachenmix aus Deutsch, Englisch und Afrikaans Spaß. Jeder versteht jeden. 

 

Mi. 25.9.  (Windhoek)

Ein Tag zum Abhaken. Den Hauptteil nimmt der bürokratische Quatsch in Anspruch, den man zur Ausreise in ein Nachbarland braucht. Und wenn dann irgend eine (Motor-)Nummer nicht mit der auf einem Formular übereinstimmt, dann kann man Fallstudien zum Thema „aufgeblähter Bürokratismus in der Dritten Welt“ erstellen. Letztlich regelt dann doch das Bakschisch die Angelegenheit und vor allem das  resolute Auftreten von Inge, unserer „eisernen Lady“, die natürlich genau weiß, wie der Hase läuft. Werkstattbesuch, Einkaufsmarathon und Einpacken unserer Utensilien ins Womo sind dann für den Rest des Tages die weiteren Haupttätigkeiten, Wie gesagt, zum Abhaken.

 

Do. 26.9.  (Windhoek – Ghanzi/Botswana))

Kurz vor sechs aufstehen. Es ist noch dunkel, und es riecht nach Regen. Kürzlich ist in Namibia die Sommerzeit eingeführt worden, und der Sommer hier auf der Südhalbkugel ist nicht mehr fern.

Trotz einer Entfernung von knapp 9 000 km von daheim ist aufgrund des nur unwesentlich höheren Meridians (17º östl. Länge)  dieselbe Uhrzeit wie bei uns.

So wie einst auf der Route 66 ist’s heute der Kalahari Highway, der uns schnurgerade durch Savanne und Steppe nach Osten führt. Doch ach, es wär zu schön gewesen, schon ca. 100 km hinter Windhoek signalisiert ein leuchtendes Lämpchen Ungemach. Irgendetwas mit der Batterie. Also wird in Gobabis Station gemacht und Ursachenforschung betrieben. Es sind aber wohl nur die beiden Batterien, die den namibischen Winter nicht unbeschadet überstanden haben. Also wird nach allerlei Pallaver neu gekauft und weiter geht’s. Zum Glück sind die Preise aufgrund des günstigen Wechselkurses sehr moderat.

Lohnend zu erwähnen scheinen mir noch die erhobenen Hauptes stolzierenden  Herero-Frauen, die neben bunten, ausladenden Kleidern ganz interessante Kopfbedeckungen tragen. Letztere symbolisieren das Gehörn eines Rindes – Zeichen der Zugehörigkeit zu einem Stamm von Viehzüchtern. Für 3 Namibian Dollars = 30 Cent lässt sich eine schwarze Schöne von mir ablichten.

Das Motorengeräusch des 22 Jahre alten Mercedes 407 ist ohrenbetäubend, eine Unterhaltung ist kaum möglich. Und dann nach ca. 290 km die botswanische Grenze. Erfreulich schnelle Grenzabfertigung, ganz und gar unafrikanisch. Weiter auf bestens präparierter Piste. Doch fast schon wie befürchtet, leuchtet die Batterielampe wieder auf.

Am Horizont braut sich ein Unwetter zusammen. Dazu heißt’s doppelt aufpassen, da nicht nur am Wegesrand sondern zuweilen auch auf der Straße allerlei Viehzeug spazieren geht. Neben Kühen, Eseln und Pferden sind auch gelegentlich Strauße oder Springböcke zu sehen. Langsam wird aus der Steppen- eine Wüstenlandschaft.

Ankunft in Ghanzi, einer recht trostlosen und nicht eben sauberen Zwischenstation nach Maun. Aber auch das hat seinen Reiz. Vom Frisör bis zum Fernmeldeamt wird hier am Straßenrand in kleinen Buden improvisiert.

Übernachten werden wir hinterm Kalahari Arms Hotel mit gepflegten Garten- und Sanitäranlagen. Kosten 15 Pula pro Person, das sind ca.2€40. Unsere erste Nacht im Wohnmobil. Für alte Womoprofis kein Problem, so lange alle Tätigkeiten geklärt und koordiniert sind.

 

Fr. 27.09.  (Ghanzi – Maun)

Die Batterielampe meldet sich erneut, sehr zum Unmut von Michael. Noch 286 km bis Maun, dem Hauptausgangsort für Safaris aller Art am Tor zum Okavango Delta.

Der Kühlschrank wird lahm gelegt, alle Stromfresser sind somit abgeschaltet. Und so erreichen wir Maun auch pannenlos am frühen Nachmittag. Bevor es mit Dumbo in Riley’s Garage geht, forschen wir erst nach Safari-Angeboten. Nach einigem Fragen und Suchen sind wir richtig. Im Gunn’s Office bekommen wir , was wir wollen, und zwar einen 2-Tage-Trip in den Moremi National Park mit Flug, Mokkoro-Ausflug, Fußsafari, Übernachtung in der Wildnis und einer Nacht im Gunn’s Bush Camp. Kostenpunkt: schlappe 280 $ / €, vergleichsweise ein Schnäppchen. Also wird gebucht.

Dann ab zur Werkstatt. Wieder müssen wir kostbare Zeit für Fehlersuche und Fehlerbeseitigung opfern. In der Lichtmaschine hapert’s; es muss improvisiert werden.

Geldabheben in Barcley’s Bank heißt 15 Minuten Schlange stehen, dann aber gibt’s Bares vom High-Tech-Automaten. Ein kleiner Rundgang durch afrikanisch geschäftiges Markttreiben beendet unseren heutigen Maun-Aufenthalt. Übernachtet wird im Audi-Camp, ca. 10 km Richtung Delta, von wo aus viele Safaris losgehen. Eine gepflegte Anlage mit stilvoller Open-Air-Bar und guter Musik. Im Hintergrund blitz und donnert es, und die ersten Regentropen lassen nicht lange auf sich warten.

 

Sa. 28.9.  (Maun – Moremi N.P.)

Von Gunn’s Office aus werden wir mit unserem Notgepäck zum nahen Flughafen gebracht. Die kleine Propellermaschine startet pünktlich um halb zehn Richtung östliches Delta. Von oben hat man einen tollen Ausblick auf das einmalige Naturwunder, wie es weltweit kein zweites gibt. Seinen Ursprung hat das Delta – aus Angola kommend – im Okavangofluss, der sich in Botswana mächtig verzweigt und schließlich nach und nach versickert. Je nach Jahreszeit gibt es deshalb ausgedehnte  Seenlandschaften, die immer wieder von Busch und Savanne unterbrochen werden. Dass sich dort folglich eine einmalige Fauna und Flora bilden konnten, liegt auf der Hand.

Ankunft in Gunn’s Bush Camp. Chief George, der aussieht wie ein alter Trapper, begrüßt uns herzlich und reicht uns für die nächsten 30 Stunden gleich weiter an Fofo, unseren „Poler“. Ein Poler ist ein einheimischer Busch- und Mokkoroführer, der sich mehr oder weniger liebevoll um uns Touris kümmert. Und unter Mokkoro versteht man einen Einbaum, wie ich ihn vor Jahren schon auf Madagaskar kennengelernt habe. Freund Klaus hatte damals feuchte Bekanntschaft mit einem solchen Gefährt gemacht. Und mit eben einem solchen  Mokkoro steuert uns Fofo gemächlich durch schilfbedecktes Deltawasser inmitten eines Meeres von aufgeblühten Wasserlilien unserem heutigen  Nachtplatz entgegen. Eine herrliche Fahrt durch mehr oder weniger unberührte Natur. Farbenprächtige Vögel um uns herum und eine vielversprechende Geräuschkulisse machen uns neugierig auf das, was da kommt.

Nach 75 Minuten fast geräuschloser Mokkoro-Fahrt ist unser Rast- und Schlafplatz erreicht. Hier schlagen wir unser Zelt auf und deponieren die mitgebrachte Notausrüstung. Die Temperaturen dürften bei etwa 35 Grad liegen, so dass erst mal eine Siesta eingelegt wird. Michael hält es kaum noch auf seinem Platz, bis wir endlich zur ersten großen Fußsafari aufbrechen. Bis auf ein paar Grüppchen in der Ferne stört uns keine Menschenseele bei unserem Erkundungsgang; überhaupt scheint die Zivilisation hier noch keine ihrer oft verheerenden Spuren hinterlassen zu haben. Wahrlich paradiesische Zustände für Mensch, Tier und Vegetation.

Und dann wird’s spannend. Fofos Augen und Gehör nehmen Dinge wahr, die wir nicht ansatzweise erkennen können. Plötzlich zwei Hippos in einem Sumpfloch vor uns inmitten ihres Liebesaktes, wobei sich das Weibchen unter Wasser befindet und nur alle paar Minuten zum Luftholen an die Oberfläche kommt. Im übrigen sterben in Afrika mehr Menschen durch Hippo- und Büffelangriffe als durch irgend ein anderes Tier -  also höchste Vorsicht! Von einem der zahllosen Termitenhügel, die wie mächtige Stalagmiten das Landschaftsbild prägen, werden wir dann auch der zweiten großen Gefahr gewahr: eine kleine Büffelherde ganz in der Nähe, die uns fixiert und zu überlegen scheint, was mit den Eindringlingen geschehen soll. Deren riesige Gehörne versetzen uns in Alarmbereitschaft. Schließlich verdrücken wir uns in die eine, die Büffelherde in die andere Richtung.

Die weitere Pirsch lässt uns auf Elefanten, Giraffen, Baboons (Paviane), Zebras, Gnus, Impalas (ähnlich unserem Rotwild), Antilopen, Hyänen, Warzenschweine und noch viel mehr stoßen. Die meisten Tiere sind relativ weit weg, und wenn sie uns wahrnehmen, ziehen sie sich zurück. Löwen- und Leopardenspuren lassen erkennen, dass wir uns wirklich in der Wildnis befinden. Leider bekommen wir den König der Tiere nicht zu Gesicht, was den Erlebniswert der Exkursion aber nicht schmälert. Auch die artenreiche Vegetation trägt dazu  bei, vor allem die  mächtigen „Leberwurstbäume“ mit ihren danach benannten Früchten, die wirklich wie Würschte an den Bäumen hängen.

Wieder an unserem Nachtplatz angelangt, macht Fofo Feuer, so dass wir von unserem Notproviant immerhin ein Erbswurstsüppchen zaubern können. Lediglich unser Wasservorrat ist sehr knapp bemessen, so dass wir streng rationieren müssen. Ab halb sieben ist es stockdunkel, in der Ferne sind zwei Feuer zu erkennen, und am Himmel leuchtet ein funkelndes Sternenmeer. Um neun Uhr noch einmal Nachrichten auf der Deutschen Welle, die allerdings weniger friedlich klingen. Präsident Busch scheint endgültig gegen den Irak losschlagen zu wollen – ohne Rücksicht auf den Rest der Welt.

 

So. 29.9.  (Moremi N.P.)

Michael hat Geburtstag. Sein 54. (Mitgebrachte) Grüße aus der fernen Heimat gibt’s nur in geschriebener Form, Telefon Fehlanzeige. Unsere Handys haben seit Namibia sowieso keinen Empfang mehr.

So kann er seinen Lieben auch nicht von dem nächtlichen Erlebnis berichten, bei dem ihn nach Fofos Auslegung wohl mehrfach ein Elefant von hinten angestubst hat.

Gegen halb sieben begeben wir uns erneut auf die Pirsch. Fofo, unser pechschwarzer Führer, befördert uns zunächst mit seinem Mokkoro zu einer weiteren Fußsafari auf die andere Flussseite. Das meiste haben wir jedoch gestern schon gesehen.

Den heißen Mittag bringen wir dann in unserem Lager zu, von wo wir gegen drei langsam die Rückfahrt zum Bush Camp antreten. Fofo lässt uns genügend Zeit, alles noch einmal in Ruhe vom Mokkoro aus genießen zu können. Darüber hinaus ist es ungemein interessant, sich mit ihm zu unterhalten, da er über ein enormes botanisches Fachwissen verfügt und außerdem einen erstaunlich großen englischen Wortschatz hat. Eigentlich schade, dass er für ein paar Pula, einen wirklichen Hungerlohn, hier mit immer neuen Touris versauern muss. Doch wie er versichert, ist er glücklich, so im Einklang mit der Natur leben  zu können.

Ankunft im Camp. Und nichts wie hinein in den niedlichen Mini-Swimmingpool. Eine Erfrischung und gründliche Reinigung tut Not. Mittlerweile hat es etliche Gäste hierhin verschlagen. Engländer, Spanier, Deutsche. Auch eine holländische Biologiestudentin hält sich zu Tierbeobachtungen im Camp auf. Ein leckeres Abendessen in uriger Atmosphäre und etliche Bierchen runden den erlebnisreichen Tag ab. Während der Nacht in unserem Zelt stimmt Michael mit unaufhörlichem Schnarchen in die Gesänge und Geräusche der Wildnis ein.

 

Mo. 30.9.  (Moremi N.P. – Nata)

Kurz vor Mittag werden wir zurück nach Maun geflogen, diesmal im Tiefflug, damit wir alles gut von oben erkennen können.

Da wir relativ früh zurück sind, beschließen wir, unseren geplanten Wasch- und Schreibtag zu verschieben und mit unserem reparierten Dumbo gleich weiter zu düsen. Es geht strack nach Osten, nach Nata, etwa 300 km entfernt. Da die Straßenverhältnisse immer noch bestens sind, erreichen wir das an einem wichtigen Kreuzungspunkt gelegene Städtchen noch vor Sonnenuntergang. In einem ziemlich luxuriösen Camp (Nata Lodge Camp) lockt wieder ein (diesmal etwas größerer) Pool, der leichte Abkühlung bringt. Im Womo hatten wir zwischenzeitlich gemessene 40 Grad! Beim Plaudern mit einem in Afrika tätigen und lebenden DED-Menschen erfahren wir einiges über die Lebensbedingungen hier sowie über unser morgiges Ziel Kasane bzw. den Chobe Nationalpark.

 

Di. 1.10.  (Nata – Kasane)

Problemlose Fahrt nach Kasane (300 km); nur ein paar Strauße okkupieren von Zeit zu Zeit die gut geteerte Straße.

Unser Ziel: Kasane Safari Lodge mit angegliedertem Campingplatz. Kostenpunkt 35 Pula p.P. = 5€60. Die Anlage ist super. Direkt am Chobe-Fluss gelegen, der dem hier beginnenden Nationalpark seinen Namen gegeben hat. An der überaus noblen Rezeption buchen wir gleich nach der Ankunft eine „Riverside Cruise“ für den Nachmittag (140 Pula incl. Parkeintritt, ein akzeptabler Preis, wie wir finden).

Um drei legt das mit etwa 50 Leuten gut gefüllte floßähnliche Gefährt mit zwei anderen Schiffen dieser Art ab. Der Chobe ist mächtiger als gedacht, eine einigermaßen üppige Vegetation am Flussufer ist die logische Konsequenz. Viel mehr aber interessiert uns, was es an Wildlife am Wegesrand zu sehen gibt. Und das ist enorm! Große Elefantenherden lassen sich von uns gelassen ablichten, ebenso Hippos, Krokodile, Schreiseeadler, Antilopen und als Highlight in einiger Entfernung eine Löwenfamilie. Und das alles in wunderbaren Nachmittagsfarben mit einem krönenden Sonnenuntergang in den ruhig dahin fließenden Fluten des Chobe.

Michael überredet mich, auf unser de-luxe-Erlebnis noch eins draufzusetzen. Wir leisten uns in der Edel-Lodge ein Abendbuffet vom Feinsten! (72 P. = 11€50) U.a. gibt es Lamm, Kudu, Impala usw. Nur die gebratenen Würmer lasse ich aus.

 

Mi. 2.10.  (Kasane – Livingstone)

Bevor wir heute morgen nach Sambia aufbrechen, werden vom Internetzugang der Lodge schnell noch unsere Lieben daheim mit E-Mails bedacht. Schnell ist gut, denn der Seitenaufbau funktioniert nur im Zeitlupentempo. Auch hier gilt: Wir sind in Afrika.

Noch mal tanken, und dann folgt die erste längere Grenzüberschreitungsprozedur dieser Reise. Dazu muss zuerst auf einer abenteuerlichen Fähre der an dieser Stelle mit dem Chobe zusammenfließende Sambesi River überquert werden. Zeit, um sich Insider-Informationen einzuholen. Der holländische Leiter einer Reisegruppe spart nicht mit wertvollen Tipps zu Sambia, für die wir ihm während der einstündigen Wartezeit ausgesprochen dankbar sind.

Kurz drauf müssen wir uns noch einmal in Geduld üben. Der Eintritt nach Sambia kostet Schweiß, Nerven und Geld. Eine Zusatzversicherung für den Camper muss abgeschlossen werden. Und natürlich x Mal Formulare, Formulare... Passnummer, Fahrgestell- und Motornummer usw. kennen wir bald auswendig. Endlich geschafft.

Sambia  begrüßt seine Besucher zunächst einmal mit riesigen Löchern in der dürftigen Teerstraße. An einer Stelle werden ein paar dieser Löcher notdürftig mit Sand und Schotter gefüllt. Wenig Entlastung für die gebeutelten Fahrzeuge.

Victoria Falls – wir kommen! Um dorthin zu gelangen, muss zunächst die vorgelagerte Stadt Livingstone passiert werden. Der jedermann bekannte englische Afrikaforscher soll ja die Fälle als erster Europäer entdeckt haben, was mittlerweile stark angezweifelt wird. Uns soll’s egal sein, solange sie für uns kräftig sprudeln. Und das ist je nach Jahreszeit sehr unterschiedlich.

Geld tauschen in Livingstone – wieder eine neue Währung, und zwar eine, die stark an den US$ angelehnt ist. Als Leitlinie für uns gilt, 4000 Kwatcha = 1€. Für 100 US$ bekommen wir folglich Riesengeldbündel.

Die Mittagshitze frisst uns auf. Stress kommt auf, als es um die gemeinsame Reisekasse geht. Ein kurzer Gang über einen schönen Holzmarkt verschafft uns Entspannung und einen kleinen Einblick ins sambische Kunsthandwerk.

Weiter Richtung Vic Falls. Bei Bundu Adventures ein Kurzstopp, um einen Raftingtrip für den morgigen Donnerstag zu buchen. Der holländische Guide an der Grenze hatte mir den Tip gegeben. 85$ kostet der Spaß, aber ich will’s einmal im Leben wagen – und dann gleich auf dem angeblich schwierigsten Raftinggebiet der Welt, dem Sambesi River gleich hinter den Wasserfällen.

Michael ist von meinem Vorhaben wenig begeistert.

Weiter zum schön gelegenen Campingplatz Maramba Campsite, wenige KM vor den Fällen. 5$ pro Nacht und Person scheinen uns angemessen, sogar mit Strom. Dennoch schockt uns das recht hohe Preisniveau hier in Sambia schon etwas. Auch der Sprit ist etwa doppelt so teuer wie in Botswana bzw. Namibia.

Auf dem geschmackvoll angelegten Camp  parken wir gleich neben einem Landrover aus DZ, gleichbedeutend mit Dentzsch nahe Leipzig. Jörg und Netti, zwei aufgeschlossene junge Deutsche reisen mit ihrem Gefährt über ein Jahr lang quer durch Afrika, sind nun bereits seit 5 Monaten unterwegs. An der Bar gibt es abends viel zu erzählen, und auch hier bekommen wir wieder viele nützliche Reisetipps. So scheint es, als müssten wir unsere ganze Route erneut ändern, da der Caprivi-Streifen zwischen Botswana und Sambia praktisch nicht zu befahren sei. Folglich werden wir wohl über Nata und Maun zurück müssen, um von dort in den Norden zu gelangen. Ein Riesenumweg!

Die Mücken geben sich hier zum Sonnenuntergang ein Stelldichein. In der Nacht wickele ich mich mit geringem Erfolg in mein Mückennetz ein, während Michael im Alkoven vor Hitze und den lieben Viechern fast kaputt geht. Hoffentlich tut das teure Malarone, das wir täglich zu uns nehmen, seinen Dienst.

 

Do. 9.10.  (Livingstone)

Es hat geregnet und sich folglich etwas abgekühlt. Abenteuer ist angesagt!

Um 8.15h werde ich von Bundu im Camp abgeholt. Am Eingang zu den Victoria  Falls kurzes gegenseitiges Kennenlernen (Engländer, Österreicher, Deutsche), dann Instruktionen zum weiteren Ablauf und hinunter geht’s zum Sambesi. Gruppeneinteilung, Führerzuteilung, Schwimmwesten und Helme übergestülpt und dann erst mal die Befehle verinnerlicht. Hier muss prompt reagiert werden, da wird’s kein Ausruhen geben. 25 km reißenden Stromes liegen vor uns. Ein bisschen mulmig ist mir zu Beginn schon, aber jetzt gib’s kein Zurück. Meine drei Begleiterinnen kommen aus England und scheinen recht handfest zu sein. Unser Bootsführer heißt netterweise Potatoe und versucht, uns mit wüsten Geschichten bezüglich unserer Expedition in Stimmung zu bringen. Die am Rande lauernden Krokodile sollen dabei das geringste Problem darstellen. Endlich geht es los. Wir haben 24 sog. Rapids zu überwinden, also Stromschnellen, die nach Schwierigkeitsgraden unterschieden sind. Es geht von Class 1 bis 6. Mehrere unserer Passagen sind Stufe 5 zugeordnet, also richtig was zum Genießen! Dazu tragen die Rapids so sinnige Namen wie „Tor zur Hölle“, „Waschmaschine“ oder der „letzte Strohhalm“.

Es geht los. Rapid 1 (den „Kochtopf“) gilt es zu überwinden, um überhaupt in die Strömung zu gelangen. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen. Wir brauchen vier Anläufe, bis wir es unter großem Jubelgeschrei schaffen. Und ehe ich’s mich versehe, reißt mich ein starker Ruck von meinem „Sitzplatz“ am inneren Bootsrand nach hinten, und rücklings stürze ich in die reißenden Wogen. Nachdem ich mich nach dem Auftauchen wieder orientiert habe, versuche ich – vergeblich – der Strömung entgegen zu schwimmen, um mein Boot wieder zu erreichen. Also muss das Begleitkanu in Aktion treten. Es dauert nicht lange, bis das von einem Amerikaner gesteuerte Gefährt neben mir auftaucht. Ich halte mich an einer Schlaufe fest und befinde mich Minuten später wieder bei meinen Gefährten. Das Wasser des Sambesi ist schön warm, so dass der Ausrutscher eigentlich gar nicht so übel war. Aber von jetzt an geht’s richtig rund! Rapid um Rapid müssen überwunden werden. Die Chance, dass das Boot kippt, soll bei den Class 5-Rapids bei 50% liegen; wir bleiben offenbar verschont. Sicher nicht zuletzt auch wegen des guten Potatoe, der uns mit lustigen Sprüchen, dabei aber total fachmännisch durch die Fluten steuert. Das Gefühl, durch ein solches Rapid zu schießen ist einfach unbeschreiblich. Je mehr Rapids wir hinter uns bringen, desto sicherer werden wir und umso mehr können wir den Höllenritt genießen! Den einsetzenden Regen nehmen wir kaum wahr, da sich sowieso alles ums nasse Element dreht. Dann ein Wasserfall, der zu dieser Jahreszeit nicht befahrbar ist. „Teamspirit“ ist erneut das Gebot der Stunde, und so tragen wir das Boot mit geballter Kraft über die fein abgeschliffenen Felsen eine Etage tiefer. Kurz vor Mittag verlassen uns die drei englischen Grazien, so dass ich in das zweite Boot umsteigen muss. Mit 9 Leuten ist es zwangsläufig etwas enger, aber das tut der Gaudi keinen Abbruch. Auch mein neuer Guide Timber hat alles fest im Griff. Zwischenzeitlich dürfen wir an etwas ruhigeren Stellen mal eine Runde schwimmen oder uns von der Strömung mitziehen lassen.

Gegen 14.00h sind alle Rapids erfolgreich und ohne sog. „Flips“ überwunden, so dass wir uns auf eine verdiente Stärkung freuen dürfen. Dazu müssen wir nach Ablegen von Weste und Helm den steilen Canyon emporklettern, was uns noch einmal richtig fordert. Oben angelangt, wartet ein LKW, eine Mannschaft von Bundu sowie eine Art Open-Air-Restaurant auf uns. Neben Hähnchen, Kartoffeln usw. darf natürlich auch das exzellente einheimische Mosi Bier nicht fehlen. Etwas ausgepowert, aber begeistert von dem Erlebten und Geschafften stürzen wir uns auf Essen und Getränke. Dann aber  noch ein weiteres Abenteuer, und zwar auf der Ladefläche des LKW’s, der über viele Kilometer durch dichtes Buschwerk donnert – ohne Rücksicht auf Verluste. Wir werden gnadenlos durchgeschüttelt. Zwischendurch gibt’s interessante Einblicke in dörfliches Leben jenseits der Zivilisation. Die Menschen erscheinen überaus freundlich.

Nach schier endloser Rüttelpiste erreichen wir richtig geschafft den Eingang der Victoria Fälle. Die nassen Klamotten und der kühle Fahrtwind lassen mich eine heiße Dusche herbeisehnen.

Zum guten Schluss wird jedem Teilnehmer noch ein Zertifikat ausgehändigt, in dem ihm seine tolle Leistung bei der Überwindung des Sambesi attestiert wird. Schade nur, dass man keinen Fotoapparat hatte mitnehmen können. Und das während des Trips gedrehte Video soll 45$ pro Kopie kosten. Natürlich indiskutabel. Alles in allem ein überwältigender Tag!

 

Fr. 4.10.  (Livingstone – Sinanzongwe/Karibasee)

Michael hatte die Fälle gestern nur bei Regen sehen können, und erfreulicherweise strahlt heute Morgen wieder die Sonne. Bevor es in Richtung Kariba-See geht, fahren wir daher die paar Kilometer zum Eingang der Vic Falls rüber, zumal ich die Fälle ja noch gar nicht gesehen habe. 10$ Eintritt, zwar deutlich billiger als in Zimbabwe, aber dennoch darf für dieses Geld ja doch einiges erwartet werden.

Groß ist da zunächst die Enttäuschung, als wir nur aus großer Entfernung die Fälle quasi erahnen können. Das kann’s doch nicht gewesen sein. Nur von der zimbabweschen Seite, so sagt man uns, sei ein richtiger Anblick möglich.

Ich lasse mich nicht entmutigen, marschiere abseits der befestigten Touristenpfade über holpriges Gebiet mit kleineren Flussläufen, stoße auf einen Schwarzen, der sich mit Felix vorstellt, und der uns – oh Freude – zum „richtigen“ Wasserfall bringen will. Teilweise muss ganz schön balanciert werden, auf dass man nicht unversehens im Wasser liegt, und siehe da: Es geht! Unaufhörlich nähern wir uns als einzige Touris auf sambischer Seite den eigentlichen Victoria Falls. Ich bin begeistert. Direkt vor uns stürzen nun enorme Wassermassen in die Tiefe und erzeugen dabei eine gewaltige Gischt. Und das trotz jahreszeitlich bedingten Niedrigwassers. Besonders toll macht sich im morgendlichen Sonnenlicht ein Regenbogen, der sich quer über die Fälle spannt. Ein Diafilm ist da schnell verknipst. Dass Felix uns nicht ganz unentgeltlich hierher geführt hat, war uns klar. Doch mit den 2$, die ich ihm zum Schluss zustecke, gibt er sich nicht zufrieden. Dieselbe Summe in Kwatcha soll’s dann noch mal sein. Ganz schön geschäftstüchtig, zumal er seine Forderungen direkt vor einer schmalen, langen Flussstufe stellt, die Michael nur mit seiner Hilfe durchwaten kann. Dieses Hindernis ist zwar bald genommen, doch bleibt Michael kurz vor dem Ausgang auch noch  unglücklich an einem Ast hängen und zieht sich dabei eine lange, stark blutende Wunde am Kopf zu. Also nichts wie rüber zum Sunrise Hotel, wo es eine ärztliche Abteilung gibt. Da der Riss nicht so sehr tief ist, kann die freundliche Ärztin mit Reinigung und Tape den Schaden in Grenzen halten.

Bevor wir nun starten, bekomme ich durch eine glückliche Fügung im angegliederten „Activity Centre“ den Videofilm von der gestrigen Raftingtour zu sehen. Die drei Engländerinnen aus meinem Boot sind nämlich just zu diesem Zeitpunkt hier auf der Bildfläche erschienen. Auch auf Zelluloid finde ich den Trip ganz schön abenteuerlich.

Schnell noch mal das Notwendigste im Shoprite in Livingstone besorgt (Bier, Grillsteaks etc.), dann aber hurtig dem Kariba-See entgegen. Die ersten 200 km alles easy, wie gehabt, doch dann biegen wir von der Hauptstraße ab in Richtung See. Ca. 70 km sollen’s noch bis zur Lake View Lodge in Sinanzongwe sein. Es geht rauf und runter, die Vegetation wechselt zu unserer Freude von langweilig grau in sattes Grün, und entlang der Route gibt es unendlich viel zu sehen. Archaische Dörfer, überaus freundlich lächelnde und winkende Menschen, junge Leute in adretten Schuluniformen, immer wieder Tiere auf der Straße und ab und zu ein gewaltiges Schlagloch, das es zu umschiffen gilt.

Zu schon recht fortgeschrittener Tageszeit müssen wir an einem Streckenposten anhalten, die Papiere vorzeigen und fragen bei der Gelegenheit, wann denn endlich unser Ziel erreicht sei. Die Antwort – oh Schreck – fällt niederschmetternd aus. Wir sind falsch, die Karte hat (wieder einmal) nicht gestimmt; wir müssen ca. 20 km zurück. Michael ist vollkommen von der Rolle, wo er sich aus nachvollziehbaren Gründen doch geschworen hat, nie im Dunkeln durch Afrika zu fahren. Aber es nützt ja nichts. Genau in dem Moment braust ein Allradfahrzeug mit namibischem Kennzeichen heran. Drin sitzen ein Deutscher aus Namibia und seine österreichischen Begleiterinnen, die gestern mit mir auf der Raftingtour gewesen sind. Wir sitzen nun also gewissermaßen wieder im selben Boot; denn auch er ist verkehrt gefahren. Wir machen also gemeinsam kehrt und fahren in einem Affenzahn zurück. Schlaglöcher werden von nun an weitgehend ignoriert. Michael wird immer hektischer, zumal als aus den 20 km 30 werden, und dann erst der Abzweig nach Sinanzongwe kommt, der ab jetzt ausschließlich aus „Gravel Road“ besteht, und zwar der edleren Sorte. Unser Dumbo, der fliegende Elefant, wird nun seinem Namen gerecht, indem er förmlich von Loch zu Loch fliegt, nur sind die Landungen leider recht herb. Wir müssen uns auf dieser saumäßigen Piste ca. 17km voran quälen, bis wir endlich die ersehnte Lodge erreichen. Michael ist mit seinen Kräften am Ende. Doch was soll’s, es ist geschafft.

Die Lodge liegt direkt am See, besteht aus ein paar netten, aber scheint’s unbewohnten Bungalows und hat einen kleinen Campingplatz, der diesen Namen eigentlich nicht verdient. Einheitspreis 5$, ein ziemlich happiger Preis fürs Gebotene.

Auf dem Platz hat sich ein deutsches Pärchen mit seinem Landrover niedergelassen. Logisch, dass wir gleich ins Gespräch kommen. Und wieder scheinen wir auch von dieser Begegnung zu profitieren. Wie es aussieht, können die Tipps uns für die weitere Planung u.U. viel Zeit und viele Kilometer ersparen. Und so gestaltet sich die  Abendunterhaltung mit den beiden, die so wie die jungen Leute aus Dentzsch ebenso ein Jahr durch Afrika reisen wollen, überaus interessant und aufschlussreich. Davon dann später mehr.

Der Besitzer der Lodge, ein älterer (schwarzer) Herr, fällt uns zum guten Schluss fast um den Hals, als wir ihm die Schlüssel für sein Toiletten- und Duschhäuschen übergeben. Die beiden jungen Sachsen hatten uns in Livingstone selbige mitgegeben, da sie sie versehentlich eingesteckt und nicht zurück gegeben hatten.

 

Sa. 5.10.  (Sinanzongwe/Karibasee)

Ein heftiges Blitzlichtgewitter und dazu kräftiger Regen haben in der vergangenen Nacht das Thermometer wieder sinken lassen. Na ja, heiß wird es heute wohl trotzdem wieder.

Nachdem sich die Gefährten von gestern in Richtung Lusaka verabschiedet haben, machen wir einen Besuch der besonderen Art. Und zwar im örtlichen Krankenhaus, um dort die Dinge abzugeben, die Michael für diesen Zweck mitgebracht hat. Also Medikamente, Messgeräte, OP-Messer usw. sowie einige ausrangierte aber gut erhaltene Kleidung. Dies alles ist unserer Meinung nach hier genau richtig, da wir uns in einer sehr armseligen Region befinden, in der sicher so manche Not herrscht. Die Freude bei der Übergabe an eine Art Oberschwester ist groß, und wir dürfen uns als „very good men from Germany“ betrachten. Als kleines Dankeschön lässt man uns ein paar Fotos machen bzw. filmen.

Daraufhin begebe ich mich zu Fuß auf den Rückweg. Erwartungsgemäß dauert es nicht lange, bis ich ein paar Jungs von etwa 10, 11 Jahren als Begleiter habe. Wir radebrechen ein wenig, wobei der eine schon ganz gut Englisch spricht. Die wahrscheinlich einzige Attraktion des winzigen Ortes ist das etwas außerhalb liegende Hausboot, das wohl gerade für die paar versprengten Touristen, die sich hierher verirren, auf Vordermann gebracht wird.

Und was gibt es zum Karibasee zu sagen? Vor über 40 Jahren wurde der Stausee gebaut, und es soll angeblich 7 Jahre gedauert haben, bis er mit dem Wasser vom Sambesi gefüllt war. Dementsprechend groß ist er. Leider haben die hier ansässigen Tonga nur wenig von dem Projekt profitiert, da sie ihre Heimat verloren haben und umgesiedelt worden sind. So richtig verkraftet haben sie das laut Hupes Zambia-Führer nicht.

Meine Tonga-Boys aber stört das nicht. Sie sind gut drauf und finden alles in, am und um unser Mobil herum total  interessant. Vor allem mein „AlphaSmart“, das edle Schreibgerät, mit dem diese Zeilen zu Computer gebracht werden, hat es ihnen angetan. Dass sie allerdings als erstes im Womo-Mülleimer wühlen und unser weggeworfenes, schimmeliges Weißbrot mit Heißhunger verzehren, finde ich nicht so gut.

Der Abend gehört wieder uns. Zwei gegrillte riesige T-Bone-Steaks füllen passenderweise unsere Wohlstandsmägen.

Gespräche mit Michael. Witzigerweise habe ich in meinem Portemonnaie einen Horoskopspruch vom Mescheder Chinesen-Restaurant gefunden, der da sagt:

„Auf einem langen Weg und in einer engen Herberge lernt man seinen Gefährten kennen.“ Honni soit qui mal y pense

 

So. 6.10.  (Sinanzongwe – Choma – Livingstone)

Um 7 in der Frühe sind  wir schon auf dem Rückweg nach Livingstone, sagen im morgendlich milden Schein der Sonne adieu einer Region, die mit ihrer landschaftlichen Schönheit und den liebenswerten, sehr ursprünglich wirkenden Menschen einen sehr sympathischen Eindruck auf mich gemacht hat. So habe ich mir in etwa das schwarze Herz Afrikas vorgestellt.

Um noch etwas mehr über Land und Leute zu erfahren, machen wir in Choma vor einem Museum Halt. In der Tat sind hier etliche Exponate bezüglich der Tonga-Kultur sowie zur Genese des Kariba-Sees zu bestaunen. Der angegliederte Giftshop lässt dann unser Touri-Herz um ein paar Takte höher schlagen, da hier Kunsthandwerk reichlich und zu sehr erschwinglichen Preisen offeriert wird. Und so schlagen wir entsprechend zu.

Livingstone soll weit über 100 000 Einwohner haben, was uns aber recht spanisch vorkommt. Eher kleinstädtisch kommt der Ort daher, als wir gegen Mittag einlaufen. Dies um so mehr, da heute Sonntag ist und fast alle Läden, Banken usw. geschlossen sind. Lediglich der Straßenmarkt der Einheimischen funktioniert wie eh und je.

Übernachtet wird heute zwecks Mückenvermeidung bei den „Jolly Boys“, einer Rucksackabsteige, neudeutsch „Backpacker Lodge“, im Zentrum von Livingstone (13 500 Kw. P.P.). Und hier gefällt’s uns richtig gut, zumal ich schon mal einen Vorgeschmack auf meine in 6 Wochen startende Asientour bekomme. Junge Leute aus aller Welt, Ausflugsangebote, eine zwanglose Herbergsleitung, dazu eine nette Bar mit Popmusik und ein Pool.

Der lange Marsch zum ortsansässigen Eisenbahnmuseum wird zum Flop. Die 10 000 Kwatcha Eintritt sind ihr Geld nicht wert; ein paar Modelle aus der guten alten Zeit und ansonsten alles ziemlich lieblos zusammen geschustert.

 

Mo. 7.10.  (Livingstone – Katima Mulilo-Caprivi/Namibia)

Halbzeit und bye-bye Sambia. So schnell wie wir gekommen sind (deutlich schneller, als es Michaels Zeitplan vorgesehen hatte), genauso schnell verlassen wir es wieder. Der Bogen über Lusaka, Mongu und der komplette Westen (nahe der angolanischen Grenze) sind gestrichen. Ungewisse Straßenverhältnisse bzw. Versorgungsmöglichkeiten mit Sprit, ungewisses Durchhaltevermögen von Dumbo und der Wunsch von Michael, möglichst schnell wieder nach Namibia zu kommen beschleunigen unsere Reisetätigkeit in Richtung Südwesten. Die Ausreise von Sambia nach Botswana geht ungleich schneller als die Einreise vor 5 Tagen (Fährfahrt über den Chobe insges. 30 US$). Erfreulich auch die Tatsache, dass wir dank der Information des deutschen Travellerpärchens vom Karibasee nicht – wie gedacht – die lange Strecke über Nata und Maun zurückfahren müssen, sondern durch den Chobe NP bis zur Ngoma-Brücke auf feinstem Asphalt fahren können. Die Brücke dient nicht nur der Flussüberquerung sondern auch dem Eintritt nach Namibia, der hiermit gegen Mittag bei mindestens 35 Grad vollzogen ist.

Und dann hinein ins Gewimmel von Katima, der ersten größeren Ansiedlung im namibischen Teil des Caprivistreifens. Hier lässt sich alles regeln, was notwendig ist, sprich Reifenservice, Lebensmittel besorgen, erstmals mit daheim telefonieren und last but not least den fotogenen Markt besuchen. Die hier ausgelegten Pansenfladen, stinkenden Fische, bluttriefenden Innereien und die etwas apathisch wirkenden Mamas mit ihren nach Muttermilch lechzenden Kleinen erfreuen natürlich das Fotografenherz. Während Michaels langwieriger Geldumtauschaktion nutze ich die Zeit, die ungewöhnlichen Begrüßungsrituale der Einheimischen zu beobachten. Bei den Frauen wird zuerst in die Hände geklatscht, dann küssen sich beide nacheinander die Hände, und zuletzt wird mit einer leichten Verbeugung noch einmal geklatscht. Auch das (lockere) Händeschütteln der Männer unterscheidet sich durch ein abschließendes Daumenreiben in der Handfläche des Gegenübers.

Den Abend verbringen wir dann wieder in gepflegterem Ambiente, und zwar auf dem Campinggelände der Sambesi Lodge, die wie der Name schon sagt, vor traumhaft schöner Kulisse direkt am Sambesi liegt (20 N$ einschl. Strom und schwer bewaffnetem Wächter, preiswert!). Zu allem Überfluss bekomme ich im vornehmen Lodgerestaurant dann auch noch ein schmackhaftes Fischmenü serviert mit Namen Fried Bream, bestehend aus einem mächtigen Sambesifisch, Reis und etwas Gemüse.

 So gar nicht zum Erscheinungsbild  dieser Hochglanzprospekt-Idylle passt die in der hiesigen Zeitung veröffentlichte Nachricht, dass hier im Caprivi-Streifen bald mit den ersten Hungertoten als Folge der anhaltenden Dürre im südlichen Afrika zu rechnen sei.

 

Di. 8.10.  (Katima Mulilo/Caprivi – Ngepi Lodge/Okavango)

Unendliche Kilometer auf dem Trans-Caprivi-Highway liegen vor uns. Schnurgerade durch immer gleich aussehendes baumreiches Land, das einiges an „Game“ (Großwild) beherbergen soll. Ein „Vorsicht Elefanten“-Schild deutet darauf hin, bringt uns aber trotzdem keins dieser Tiere zu Gesicht.

Statt dessen immer wieder Menschen – Erwachsene wie Kinder – am Straßenrand, die mit eindeutigen Gesten um Essbares bitten. Durch den Zeitungsartikel von gestern aufgeschreckt, haben wir vorsorglich noch 5 Weißbrote eingekauft. So hoffen wir, durch das wenige momentan in unserer Macht Stehende zumindest ein wenig Linderung zu verschaffen, der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Wir halten in Etappen an und drücken den ungläubig Dreinschauenden ein Brot in die Hand.

Während der recht eintönigen langen Fahrt leisten mir mein Minidiscplayer und vor allem das Buch mit dem Titel „Die Giftholzbibel“ von Barbara Kingsolver Gesellschaft. Kollegin Dorothee hatte es mir zum 50. und im Hinblick auf meine Reise geschenkt, und es passt wirklich vorzüglich hierher. Es geht um eine amerikanische Missionarsfamilie, die sich Anfang der sechziger Jahre aufmacht, der Zivilisation den Rücken zu kehren und im tiefsten Kongo eine Missionsstation zu übernehmen. Der Autorin gelingt es, wirklich fesselnd das fremdartige, so völlig andere Leben der Menschen in jenem vergessenen Teil der Welt aus ganz verschiedenen Blickwinkeln in schillernden Farben zu schildern. Ein Lesetipp für alle Afrikareisende!

Zurück aus dem Kongo nähern wir uns Kilometer um Kilometer unserem heutigen Etappenziel, dem Ngepi Camp bei den Popa Wasserfällen, das uns von einer Schweizerin als „schönstes Camp Afrikas“ angepriesen wurde. Ich bin bei solchen Superlativen immer skeptisch.

Ngepi heißt „Herzlich willkommen!“, und gemäß dieser Devise empfängt uns in der nachmittäglichen Hitze voller Herzlichkeit die irische Besitzerin des Camps. Ein wunderschöner Stellplatz gleich oberhalb des Okavango (45N$)  und das freundliche Drumherum mit Wohlfühlgarantie lassen uns einen zusätzlichen Tag hier einplanen. Schließlich gehört Relaxen auch zum Urlaub.

 

Mi. 9.10.  (Ngepi Lodge/Okavango)

Nach den relativ strapaziösen vergangenen 2 Wochen tut das morgendliche Ausschlafen richtig gut. Lesen, Schreiben, ein Spaziergang in die umliegenden Krals mit interessanten Einblicken in hiesige dörfliche Strukturen, ein Bad im krokodilgesicherten „Swimmingpool“ (d.h. einem mit Drahtgeflecht geschützten Ponton im Okavango) sowie einer Mokkoro-Fahrt im warmen Nachmittagslicht runden unser Tagesprogramm ab.

Gegen 8Uhr schließlich noch ein hervorragendes Mahl (Kebab) im geschmackvoll und originell dekorierten „Open-Air-Restaurant“ des Camps. Und es wird mal wieder deutsch gesprochen. Erst zwei junge „Aussteigerinnen“, die in Tsumeb eine Backpacker-Absteige betreiben, dann zu vorgerückter Stunde ein echtes „Südwester“-Paar von etwa 50 Jahren, das nun allerdings in Südafrika lebt. In unseren Gesprächen bestätigt sich für mein Empfinden einmal mehr, dass sich die deutschstämmigen Menschen ebenso wie vor allem die südafrikanischen Buren hier in ihrem oft herrischen Auftreten gerne als allwissende „upper class“ fühlen und sich entsprechend gebärden. Mit gewissen Ansichten gerade den „unfähigen, faulen und kriminellen“ Schwarzafrikanern gegenüber, der ersehnten Wiedereinführung der Todesstrafe oder ihrer stramm deutschen Gesinnung habe ich so meine Probleme.

 

Do. 10.10.  (Ngepi Lodge – Tsumeb)

6 Uhr in aller Hergottsfrühe, die alltägliche „Kopfnuss“ an der Kante zum tiefliegenden Führerhaus, ein schnelles Frühstück mit immerhin echtem Schwarzbrot (wir sind in ehemals Deutsch-Südwest!), und schon hat uns das Zigeunerleben wieder. Heute steht uns auf der Fahrt in Richtung Etosha Pfanne eine große Strecke bis Tsumeb bevor (ca.500 km). Dort wollen wir das besagte Backpacker-Camp der deutschen „Aussteigerinnen“ anpeilen.

Um zwei Uhr erreichen wir Tsumeb. Uns kommt es vor, als sei mit einem Schlag öde Busch- und Baumlandschaft gegen ein beschauliches Musterländle eingetauscht worden. Man spricht deutsch – selbstredend. Alles strahlt Sauber-, Behaglich- und Biederkeit aus. Im Café Steinbach ist von der Schwarzwälder Kirschtorte hin zum Eiskaffee alles zu bekommen, einschließlich der „Allgemeinen Zeitung“, die neben belanglosen Meldungen immerhin auch über die Hungersnot im Caprivi berichtet. Das Schönste aber ist wohl das allgegenwärtige Grün gepaart mit einer stattlichen Anzahl herrlich blau blühender Jakaranda-Bäume.

Unsere Herberge finden wir erst auf Umwegen. Mousebird, im Internet unter Mousebird.de, ist das, was wir uns erhofft haben. Eine freundliche, ruhige Unterkunft in einer hübschen Wohnsiedlung mit Garten und allem, was das Travellerherz erfreut. Nette Leute, Infos über andere Unterkünfte sowie Ausflugsmöglichkeiten, eine Küche zum Selberkochen, Internetzugang, günstige Preise (N$ 35 einschl. Frühstück) und vor allem interessanter Gesprächsstoff für Stunden. Die beiden Ridgebackwelpen von schon unglaublichem Format und die beiden Hauskatzen laden zudem zum Spielen und Kraulen ein. Sonja, eine der „Herbergsmütter“ hat ihre Eltern aus Deutschland zu Besuch. Witzigerweise haben diese im selben Flugzeug gesessen wie wir und werden auch mit uns nach München zurück fliegen.

Das Internetvergnügen ist zwar kein ganz preiswertes, dafür aber gelingt es mir im zweiten Anlauf, meinen bisher verfassten Reisebericht via USB, Word und Web.de nach Hause zu übertragen. So werden die Lieben daheim auf den neuesten Stand gebracht.

 

Fr. 11.10.  (Tsumeb – Namutoni/Etosha N.P.)

Nach ausgedehntem Frühstück und Erledigung aller Besorgungen rauschen wir in Richtung Etosha los, einem der unbestrittenen Höhepunkte einer jeden  Namibia-Reise.

Der Etoscha Nationalpark ist über 22 000 km2 groß, die eigentliche Etosha-Pfanne hingegen nimmt „nur“ 4 600 km2 ein. Die Pfanne ist der Boden eines riesigen, ausgetrockneten Sees, der sich zur Regenzeit regelmäßig wieder mit Wasser füllt.

Da wir nun zur Trockenzeit im Frühling der Südhalbkugel hier sind, haben wir – so ist zu hoffen - das Glück, eine Menge Tiere, die vor allem die Wasserstellen aufsuchen, zu Gesicht zu bekommen.

Nachdem wir unser Übernachtungsquartier im Namutoni Camp bezogen haben (11 500 N$ einschl. Parkeintritt), geht es gleich auf staubige, aber gut abgehobelte Piste. Erstes Ziel ist Andoni, ziemlich abseits der stark befahrenen Straßen. Und siehe da, Michaels Riecher hat’s gebracht. Am Ende der scheinbar im Niemandsland befindlichen Piste erwartet uns an der dortigen Wasserstelle ein Sammelsurium von Tieren unterschiedlichster Spezies. So vergnügen sich Zebras, Impala, Kudus, Gnus, Strauße, Warzenschweine usw. einträchtig um das erfrischende Nass. Wir lassen die Stimmung eine Weile auf uns wirken, treten dann den Rückweg an, um den Camper abrupt wieder zum Stehen zu bringen. Wir trauen unseren Augen kaum. Eine Herde von insgesamt 25 Elefanten nimmt direkt vor uns ein Mittagsbad. Dieses Schauspiel müssen wir natürlich ausgiebig in Bild und Ton festhalten. Wir sind begeistert. Auch auf der Weiterfahrt säumen jede Menge Tiere unseren Weg. So können wir in einiger Entfernung eine Löwenmutter mit ihren Babys erkennen, zum Fotografieren reicht es jedoch nicht. Die eigentliche Etosha-Pfanne, die mich stark an das Death Valley in den USA erinnert, zieht uns mit ihrer Kargkeit und Ausdehnung geradezu magisch an.

Den Abend verbringen wir innerhalb der fortähnlichen Anlage inmitten zahlreicher Camper. Darunter befinden sich auch eher ältere Semester, die in großen Safari-LKW’s anscheinend ihren sicher nicht ganz billigen Traum von Ferne und Abenteuer verwirklichen. Allerdings müssen alle richtig mit anpacken, Zelte aufbauen, Spüldienst machen etc.

 

Sa. 12.10.  (Namutoni – Halali/Etosha N.P.)

Unser nächstes Quartier innerhalb des Parks ist Halali, eine frühere Poststation, die genauso deutsch ist wie sie klingt – das schwarze Personal ausgenommen.

Unterwegs haben sich wieder etliche Tiere eingefunden, die z.T. erst von der Straße verscheucht werden müssen, so sehr haben sie sich offensichtlich an die Touristen gewöhnt. Besonderen Spaß machen uns die zahlreichen Giraffen, die einfach nicht nur in ihren Größenproportionen witzig wirken, sondern auch ziemlich belämmert dreinschauen, bevor sie mit ihren langen Stelzen plötzlich fluchtartig das Weite suchen.

Unsere Nachmittagstour gestaltet sich nicht so erfolgreich, da uns eine schlechte Beschilderung entlang  dem Rhino Drive zu einem großen Umweg zwingt, der nicht einmal Sehenswertes zeitigt, geschweige die erhofften Rhinos. Entschädigen tut da nur der riesige Swimming-Pool des Camps, der richtige Schwimmbadmaße aufweist.

Als es schon dunkel ist (was ungefähr ab viertel vor sieben der Fall ist), mache ich mich auf zum vorgelagerten sog. Wasserloch, wo zwischen Felsspalten Aussichtsplätze für Tierliebhaber eingerichtet worden sind. Das erwähnte Wasserloch wird von hier oben hell angestrahlt, so dass der Beobachter die Szenerie quasi in Cinemascope erlebt. Die folgenden 30 Minuten, die ich dort oben verbringe, lassen mich nicht schlecht staunen. Etwa 20,30 Tierbegeisterte sitzen vollkommen stumm und geräuschlos auf ihren Plätzen, starren unverwandt auf eben dieses Wasserloch wie das Kaninchen auf die Schlange und strafen jeden mit bösen Blicken, der es nur wagt, sich zu räuspern oder etwa zu husten. Mir kommt es vor, als müsse der andächtigen Gemeinde jeden Augenblick eine Marienerscheinung zuteil werden. Doch endlich, statt der Maria erscheint aus dem Nichts ein vierbeiniges Etwas, das sich ängstlich umschaut und sich dann zur Wasserstelle vorwagt. Es handelt sich um eine Hyäne, die ja nicht gerade den Inbegriff für Schönheit und Ästhetik darstellt. Aber immerhin, ein stummes Blicketauschen macht klar: Das war doch schon mal was! Für mich war’s genug. Ich verzichte auf die erwarteten Rhinos und begebe mich schnellen Schrittes zur Restaurantterrasse und schlürfe statt dessen ein leckeres Bier vom Fass. Schließlich habe ich Nashörner mit mehr Erfolg schon vor Jahren vom Rücken eines Elefanten aus im Chitwan NP in Nepal beobachten können. „The Big Five“, das Maß aller Dinge bei einer Südafrikasafari werden’s dann wohl nicht sein. Ich glaube, ich werde es verkraften.

 

So. 13.10.  (Halali – Otjiwarongo)

Unser dritter und letzter Tag im Park. Es ist unglaublich, was sich an Kilometern durch die staubige Fahrerei addiert. Es klappert und kracht an allen Ecken und Enden, die Straßen lassen Schlimmes für unser Auto befürchten. Und richtig, gerade kurz bevor wir an einer Wasserstelle erneut auf eine Elefantenherde stoßen, stellen wir starken Dieselgeruch fest. Der prüfende Blick bestätigt das Befürchtete. Es tropft nicht gerade spärlich aus dem Tank heraus, was für uns einen jähen Abbruch unserer Safari bedeutet. Ohne weitere Stopps rattern wir dem Parkausgang entgegen, um dann endlich wieder gute Teerstraße zu haben. Michael drückt aufs Gas, um die nächsten 200 km so schnell als möglich hinter sich zu bringen.

In Otjiwarongo befindet sich die Mercedeswerkstatt, die Michael sowieso über kurz oder lang ansteuern wollte. Da Mittagszeit und Sonntag ist, folglich geschlossen, frage ich in der benachbarten „Bed and Breakfast“-Herberge, ob wir mit unserem Mobil die Nacht hier verbringen können. Die Unterkunft heißt Falkennest und wird sinnigerweise von einem Horst Falk betrieben, der – wen wundert’s – uns in einem T-Shirt mit den deutschen Nationalfarben begrüßt. Das mit der Übernachtung geht klar, jedoch nur gegen Cash, im Klartext 50 N$, zu denen dann auch noch 15 N$ fürs Frühstück kommen, pro Person wohlgemerkt. Entschädigung für den hohen Preis bringt dafür die erholsame Umgebung und der tolle Steingarten, in dem zig Kakteen jedweder Couleur und Größe zu bewundern sind.

„C’est si bon“ ist der vielsagende Name des Restaurants, das wir am Abend aufsuchen. Ein reetgedecktes, überaus schön anzusehendes Schlemmerlokal wartet mit (für uns Deutsche) sehr moderaten Preisen für verschiedenste Gaumenfreuden auf. Allerdings hatte mein Gaumen nicht damit gerechnet, dass die gewählte Piri-Piri-Leber jedes Streichholz zum Entzünden hätte bringen können!

 

Mo.14.10.  (Otjiwarongo)

Horst, dem Besitzer der Mercedeswerkstatt, ist unser Fahrzeug nicht unbekannt. Schon letztes Jahr hat er Reparaturen daran durchgeführt. Da neben dem lecken Tank auch noch andere Wehwehchen zu beheben sind, kann ich heute in aller Ruhe meiner Wege gehen und die Geschäfte von Otjiwarongo auskundschaften. Erstaunlich viele Bekleidungsgeschäfte säumen meinen Weg. Richtig viel Geld aber gebe ich in einem Geschäft für Souvenirs, Mineralien und echtem Kunsthandwerk aus. Ich steigere mich in einen regelrechten Kaufrausch. Allzu viele verführerische Dinge wie Ketten aus Edelsteinen und Straußeneierplättchen, Mobiles mit geheimnisvollen Anhängern, Plastiken aus seltenen Baumwurzeln usw. warten auf mich. Und da ich ja Zeit habe, vertiefe ich mich neben allen Kaufaktivitäten in ein höchst interessantes Gespräch mit dem deutschstämmigen Inhaber des Geschäfts. Zum ersten Mal lerne ich hier in dem von Weißen dominierten Land jemanden kennen, dessen Ansichten und Einstellungen mir außerordentlich sympathisch sind. Um es auf einen Nenner zu bringen: Es geht nur miteinander, nicht gegeneinander. Gegenseitiger Respekt, Lernen voneinander, gerechte Verteilung der Ressourcen und Ländereien und Vermittlung von Know How seien unabdingbar, wobei er mit Kritik an den Schwarzen und deren Leistungsbereitschaft und Sinn für wirtschaftliches Handeln nicht spart. Auch sei der Umgang mit Ihresgleichen stark kritikwürdig. So befinde sich z.B. der Buschmann am untersten Ende der sozialen Skala und werde entsprechend miserabel selbst von seinen höhergestellten – ebenfalls schwarzen - Artgenossen behandelt.

Neben der irrsinnig hohen Arbeitslosigkeit in Namibia wurde in unserem weiteren Gespräch auch die Aidsproblematik angeschnitten; und wie das Land den fast kompletten Wegfall der mittleren arbeitsfähigen Altersschicht innerhalb der nächsten Zukunft verkraften will, sei ein Buch mit sieben Siegeln. Das gilt nicht nur für Namibia, sondern fast für den ganzen afrikanischen Kontinent.

 

Den Nachmittag verbringe ich innerhalb der sehr überschaubaren City in einem parkähnlichen Gelände unter einem Baum mit Lesen und stillem Beobachten der meist schwarzen schattensuchenden Bevölkerung. Mehr als einmal kommen zerlumpte Leute vorbei, die in Abfallbehältern stochern oder mich um meine (leere) Pepsi-Flasche bitten.

Gegen Abend dann wieder Kontrastprogramm: „C’est si bon“. Doch den Abschluss des Tages bildet ein Besuch bei Horst und seiner Familie (man duzt sich) am Stadtrand von Otjiwarango. Das Ehepaar mit dem Mercedes-Autohaus empfängt uns überaus gastfreundlich und lässt uns einen entspannten Abend in schöner Umgebung verleben. Die Nacht verbringen wir diesmal – besonders idyllisch – in der Werkstatt der Mercedes-Vertretung (0 N$, einschl. Strom).

Bei der Planung der weiteren Route stelle ich – von einem Geistesblitz getroffen – fest, dass Michael und ich uns im Abflugtag geirrt haben. Nicht Montag findet unser Rückflug nach München statt, sondern Dienstag, den 22.10. Wir sind beide etwas geschockt, da das die Planung für jetzt und später durcheinander bringt, zumal wir für die restliche Route eigentlich nicht mehr so viel Zeit brauchen. Ich will morgen gegen Michaels Willen versuchen, den Rückflug nach München vorzuverlegen.

 

Di. 15.10.  (Otjiwarongo – Cheetah Guest Farm / Otjitotongwe)

Anruf bei Kalli, der heute 50 wird. Der Anruf bei der LTU in Windhoek hingegen ist erfolglos, da dort der Computer ausgefallen und somit heute keine weiteren Aussagen möglich seien. Morgen mehr. Viel Hoffnung habe ich eh nicht.

Die Autoreparatur wird zu einer unendlichen Geschichte. Eigentlich hatte ich mir nicht vorgestellt, auf meiner Afrikatour soviel Zeit in Werkstätten zu verbringen. Im übrigen war der Tank nicht kaputt gewesen, es hatte offenbar nur am Überlauf gelegen. Aber all die anderen Problemchen (Lichtmaschine, Luftfilter & Co) ... Kurz vor zwölf Uhr Mittag stehen wir nach einem erfolglosen Start- bzw. Bremsversuch immer noch / schon wieder in besagter Werkstatt. Die Bremsen müssen auch noch mal nachgestellt werden.

Endlich, es kann weiter gehen. Die Teerstraße ist bestens, no problem, kurz nach drei sind wir da. Und zwar in der Cheetah Guest Farm bei Kamanjab, die sich den Schutz der bedrohten Geparden aufs Schild geschrieben hat und nebenher noch ganz gut Geld damit verdient. Außer uns sind bestimmt etwa 25 Leute im Camp (35 N$), die wie wir die Geparden-Schau sehen wollen.

Kurz nach vier dann Showdown. Auf der Ladefläche zweier Transporter werden wir zur eigentlichen Farm gekarrt, in deren Gartengelände zuerst die (mehr oder weniger) zahmen Tiere vorgeführt werden. Ein paar Verhaltensmaßregeln müssen dabei beachtet werden. So z.B. den Wildkatzen nicht direkt in die Augen zu sehen und nicht näher als zwei Meter heranzukommen. Dennoch dürfen die besonders Mutigen einmal fürs Familienalbum posieren, indem sie die sich wirklich elegant bewegenden und aussehenden Tiere unter der Obhut des Farmersohns Mario kurze Zeit streicheln. Dass Michael und ich sich da nicht lumpen lassen, versteht sich von selbst. Den Clou der Vorführung bekommen wir zuletzt serviert in Form eines erst drei Wochen alten Gepardenbabys, das natürlich sofort „Everybody’s Darling“ ist.

Quasi zum Dessert nach dem spektakulären Hauptgericht werden wir nach einer Bierpause noch einmal durchs Gelände kutschiert, um im schönen Abendlicht einer Raubtierfütterung in freier Wildbahn beizuwohnen. Zuerst entbrennt bei den sich zaghaft nähernden Wildkatzen nach Herausschleudern großer Fleischstücke immer ein wüsten Raufen um die schmackhafte Mahlzeit. Letztlich aber bekommt jeder seinen Anteil. Ohne Frage ein interessantes Schauspiel. Die 50 N$ für die Vorführung zahlen wir gerne, da wir eine ganze Menge geboten bekommen und da der Erhalt dieser leider zunehmend aussterbenden Spezies sicher unterstützenswert ist. Dummerweise können die Geparden, die mit 110 km/h als schnellste Säugetiere gelten, nicht unterscheiden zwischen Wild in freier Natur und Vieh, das auf den Farmen gezüchtet wird. Wegen der Schäden stellen sie deshalb quasi eine Art Freiwild für Farmer und Jäger dar.

 

Mi. 16.10.  (Cheetah Guest Farm – Twyfelfontein)

Heute gibt’s Landschaft pur. Von der Gepardenfarm aus dürfen wir uns erst noch gut asphaltierten Straßenbelages erfreuen, bis es denn irgendwann nur noch Schotterstraße gibt. Und Schotter heißt durchgeschüttelt werden und vor allem Staub. Unser Womo wird heute Abend wieder wie nach einem Staubsturm aussehen. Mit ohrenbetäubendem Getöse, teilweise im ersten Gang, erklimmen wir den 1500 m hohen Grootberg-Pass. Wenig später an einer Straßenbiegung bitten uns zwei Schwarze um Mitnahme. Sie müssen 30 km weiter zur Polizeistation von Bergsig. Für uns mal was Neues.

Die Landschaft verändert dauernd ihr Gesicht. Nach eher monotoner Buschsavanne wird es zunehmend felsiger, wobei viele der umliegenden Berge Tafelberge sind. Dann eine Hochebene, die mich sehr ans Altiplano in Südamerika erinnert. Und dass die Namibwüste gleich ums Eck liegt, ist bald auch nicht mehr zu übersehen.

Übernachten wollen wir in einem Camp bei Twyfelfontein = Zweifelhafte Quelle, das seine Bekanntheit aus den nahen Bergen bezieht, in denen uralte Sandsteingravierungen gefunden worden sind.

Doch als erstes fahren wir zu eben diesen Bergen. Welche Freude: Bergsteigen und Felsklettern stehen auf dem Programm. Michael bleibt in brütender Hitze unten an den Verkaufs- und Getränkeständen, während ich auf (sowieso kaum erkennbare) Steinmalereien und verbotene Kletteralleingänge pfeife. Ich ziehe es vor, in dem mächtigen Felsmassiv felsauf, felsab zu klettern. So komme ich wider Erwarten auch in diesem Jahr zu meiner geliebten, eigentlich schon traditionellen Klettertour. Roter, schroffer Sandstein, soweit das Auge reicht. Auch wenn ich den Gipfel des Massivs nicht erreiche, wird’s, wie eigentlich immer, spannend. Teilweise gibt’s kein Vor und Zurück. Aber irgendwie und irgendwann geht’s dann halt doch weiter. Nach knapp eineinhalb Stunden stehe ich wieder vorm Womo, allerdings leicht schwächelnd, mit schlotternden Knien. Die anstrengende Kletterei und die Mittagshitze haben mich halbwegs geschafft.

Dann müssen im Womo die Spuren des vermeintlichen Staubsturmes beseitigt werden, der über uns hereingebrochen ist. Die hinter uns liegende Tour brachte die bisher schlimmste Staubattacke überhaupt.

An der Bar des „Exclusive Camps » (40 N$) schließlich wird mit einem französisch-schweizerischen Lehrerehepaar aus Lausanne ein wenig parliert. Und die Deutsche Welle überträgt am Abend live das grottenschlechte Fußballspiel Deutschland – Färöer (2:1).

 

Do. 17.10.  (Twyfelfontein – Cape Cross – Swakopmund)

Um sechs Uhr ist es jetzt fast noch dunkel. Viele, viele Kilometer Wellblechpiste liegen vor uns. Teilweise grausam ist die nicht mal gehobelte Straße für Mensch und Materie. Schade, da die Landschaft eigentlich viel zu schön ist, als dass man immer nur auf die Wegführung starrt. Man könnte meinen, man befände sich im mittleren Westen der USA. Monument Valley lässt grüßen. Ab Uis wird’s dann zunehmend sandiger. Wir durchqueren die Namib-Wüste. Die Straße ist jetzt zwar besser, doch die Strecke erscheint endlos. Wir nähern uns einem vermeintlichen Gebirge, das sich beim Näherkommen als Wolkengebilde entpuppt. Dann kann das Meer nicht mehr weit sein! Auch die Temperaturen sind sehr spürbar zurückgegangen.

Und endlich ist die Küste erreicht. Das Schild an der Kreuzung zeigt links Swakopmund, rechts Cape Cross. Wir entscheiden uns für rechts. Das, was wir dort zu sehen bekommen, rechtfertigt die insgesamt 96km Umweg. Es handelt sich um eine riesige Robbenkolonie bei Cape Cross, die wie im Führer versprochen Tausende dieser putzigen, unförmigen, gröhlenden und stinkenden Tiere beherbergt. Wir wohnen dem spektakulären Schauspiel vor tosenden Atlantikwogen eine ganze Zeitlang bei.

Aber dann schnell die letzten 130km bis Swapokmund, unserem nächsten Schwerpunktziel.

Swakopmund, kurz Swakop, liegt unter einer Dunstglocke, eigentlich nicht das, was wir uns erträumt hatten. Und dabei kühl. 15 Grad Wasser, 15 Grad Luft vermeldet die Strandtafel. Aber der erste Gang gehört sowieso – na? – richtig, dem obligaten Werkstattbesuch. Reparieren des nun doch lecken Tankes, des Auspuffs und der Einspritzdüsen. Fortsetzung morgen früh.

Der Campingplatz ist voll, die Backpacker Lodge belegt, so dass nur der verdächtig leere Campingplatz gleich unten am Meer in Frage kommt (N$ 50). Schnell geduscht und ab zum „Lighthouse“, wo wir einen Tisch fürs Abendessen gebucht haben. Bei schönem Blick auf die unruhige See genießen wir dann eine reich gefüllte Fischplatte mit vielerlei Leckereien. Nur der Hummer fehlt, es sei noch nicht Saison. Michael lädt mich zu diesem Festmahl ein. Ein älteres Hamburger Ehepaar tut es uns gleich und ist ebenfalls von den kulinarischen Delikatessen begeistert. Da wir gegen acht unseren Platz räumen müssen, tun wir vier uns an deren Tisch zusammen und klönen bis in die späten Abendstunden.

Nach einem Umweg übers „Brauhaus“ auf dem Zeltplatz angekommen, staunen wir nicht schlecht, als neben unserem Womo ein schwarzer Wachmann vor einem wärmenden Feuer hockt. Offensichtlich wird er die Nacht hier verbringen. Wie ich erfahre, hatte Michael an der Rezeption um zusätzliche Bewachung des Fahrzeuges gebeten, da ihm die Umgebung zu unsicher erschienen war.

 

Fr. 18.10.  (Swakopmund – Rostock Lodge / Namib Naukluft Gebirge)

Der arme Mensch draußen vor der Tür sitzt immer noch zusammengekauert neben seinem fast erloschenen Feuer. Ein heißer Kaffee wird da gerne akzeptiert.

Aber auch uns tut ein heißes Getränk gut, da die Temperaturen ziemlich in den Keller gegangen sind, zudem ist es sehr windig, und die Sonne will sich auch noch nicht zeigen. Während Michael den Vormittag in der Werkstatt verbringt, gehe ich auf Fotopirsch, doch es fehlt einfach die Sonne.

Swakopmund ist schon ein besonderes Städtchen. Man meint, die Zeit sei hier stehen geblieben und man befände sich im Wilhelminischen Zeitalter. Namen wie die Kaiser Wilhelm Straße oder das Alte Amtsgericht mit preußischem Charme oder die hübsche Jugendstilfassade des Hohenzollernhauses lassen einen mehr als einmal vergessen, dass man sich in Afrika befindet. Überall wird deutsch gesprochen, und das Warenangebot in den zahlreichen Geschäften ist beachtlich. Allerdings auch das Preisniveau, das durchaus deutschen Standard erreicht.

Nach einem Abstecher in eines der Internet-Cafés und Kontaktaufnahme mit zu Hause bei einer heißen Tasse Kaffee begebe ich mich auf die Suche nach Michael und seinem Dumbo. Ihn zu finden ist gar nicht so leicht, da er zwischen zwei Werkstätten hin- und herpendeln muss; doch das schachbrettartige Straßenmuster erleichtert die Suche erheblich.

Bei nun strahlendem Sonnenschein machen wir noch einmal ein Fotoshooting, allerdings im Schnelldurchgang, da Michael entgegen früherer Planung die Nacht nicht mehr hier verbringen will. Die Zeit bis zum Rückflug wird schon ein bisschen knapp, und er will noch heute Nachmittag in Richtung Sossousvlei aufbrechen.

Na gut, also wieder auf die Walz. Zunächst auf wunderbarer Teerstraße bis hinter Walvis Bay, immer an der Küste lang. Doch ach, Michael möchte am liebsten umdrehen, da er wieder Ungemach wittert. Er meint, das Auto zöge praktisch gar nicht. Es müsse wieder in die Werkstatt. Es kostet mich einige Mühe, ihm klar zu machen, dass der extreme (Gegen-)Wind für das langsame Vorankommen verantwortlich sei, Überzeugen kann ich ihn glaube ich nicht. So fahren wir mit verminderter Geschwindigkeit und der Angst im Nacken immer weiter nach Südosten auf die berühmte Riesendüne Sossousvlei zu. Die durchquerte Landschaft des Namib Naukluft Gebirges ist ganz wunderbar. Es leuchtet in allen denkbaren Farbschattierungen.

Nach etwa 280 km erreichen wir eine Lodge mit dem schönen Namen Rostock. Dort wollen wir die Nacht verbringen. Erst als wir den Besitzern mitteilen, dass wir dort gerne essen würden, dürfen wir uns mit dem Womo niederlassen. Und wieder einmal geraten wir ins Staunen: In einem vollkommen menschenleeren, praktisch wasserlosen Gebiet riesigen Ausmaßes erscheint aus dem Nichts eine Lodge wie diese mit allem nur erdenklichen Komfort und darüber hinaus mit einer interessanten höhlenartigen Architektur. Eine deutsche Reisegruppe hat sich bereits vor uns hier niedergelassen. Und das Abendessen hat’s auch in sich. Ich leiste mir ein äußerst gut schmeckendes Krokodilsteak für lächerliche N$ 68.

 

Sa. 19.10.  (Namib Naukluft Gebirge – Sossousvlei)

Punkt sechs auf der Matte; wir ziehen weiter. Die Gravel Road wird nach teilweise unzumutbarer Qualität endlich wieder besser. Gegen 10 sind wir dann am Eingang zum Sossousvlei Park. 40N$ Eintritt für jeden sind erschwinglich. Dafür ist der Campingplatz mit N$80 zu teuer.

Noch 64 km und wir sind nur noch 5 km von der Düne entfernt. Leider darf man ohne Allrad nicht weiter, und so lautet die Alternative nur laufen oder noch einmal 63N$ fürs Gefahren werden. Wir machen erst mal Siesta, die für Michael aber nicht ganz so erholsam ist, da er bei etwa 35 Grad einen defekten Hinterreifen wechseln muss. Der Preis für z.T. saumäßige Straßen.

Ehe wir’s uns versehen, nähert sich ein weißes Auto, jemand hupt, und es steigen die beiden Hamburger von vorgestern Abend im Lighthouse aus. Eine nette und willkommene Überraschung, da wir so die Zeit bis zum fototechnisch passenden Termin für den Sossousvleibesuch gut überbrücken können. Die beiden stellen sich als Willi und Gerda vor, sind genau wie wir erfreut über unser Wiedersehen und erzählen u.a. vom gestrigen Frühstück in ihrem Hotel in Swakop, als plötzlich unser aller Nobbi Blüm auf der Bildfläche erschien. Von seiner Präsenz in Namibia hatte ich zuvor schon in der Allgemeinen Zeitung gelesen.

Als die Sonne schon deutlich tiefer steht, brechen Michael und die netten Hamburger mit einer Art Sammeltaxi zur Sossousvlei auf. Ich will die 5 km zu Fuß nachkommen.

Gesagt, getan; eiligen Schrittes nähere ich mich auf sandigem Boden der Superdüne, als ein Landrover auf der Bildfläche erscheint. Drinnen sitzen drei Deutsche, die mir die kostenlose Mitnahme zum gemeinsamen Ziel anbieten. Per 4X4 geht’s allemal schneller und weniger schweißtreibend. Als wir am Fuß der Düne (besser der Dünenlandschaft) ankommen, sitzt Michael erschlagen und schweißgebadet in einem schattigen Eck, um sich von seiner Dünenerklimmung zu erholen. Natürlich tue ich es ihm gleich und marschiere auf dem Kamm der wirklich großartigen Düne bergauf. Trotz Sandalen bin ich in weniger als einer halben Stunde auf dem höchsten Punkt und genieße von hier oben den phänomenalen Ausblick auf eine unvergleichliche Dünen- und Wüstenlandschaft. Die warme Nachmittagssonne schafft zudem ein wahres Farbenmeer mit wunderbaren Schattenbildungen. Langsam verändert sich der gelbe Grundton in ein sattes Rot.

Die netten Deutschen nehmen mich auch auf Rückzu mit, so dass ich mir auch diesmal den Wüstenmarsch spare. Dummerweise vergesse ich letztlich in meiner Euphorie meine schöne Fila-Kappe, die so gute Dienste unter tropischer Sonne geleistet hat und die hoffentlich anderweitig noch Verwendung finden wird.

Im teuren Camp bringt der Sprung in den Minipool etwas Erfrischung, und Michael ist beim Grillen unserer Kudusteaks mal wieder in seinem Element.

 

So. 20.10.  (Sossousvlei – Windhoek)

Bis nach Windhoek sind es von hier knapp oberhalb des südlichen Wendekreises auf Strecke A etwa 420 km, auf Strecke B (über die Malta-Höhe) 100 km mehr.

Trotz beschwerlicherer Route entscheidet Michael sich für A, zumal uns dort die interessantere Landschaft erwarten soll.

Das heißt natürlich auch überwiegend Schotterpiste, dazu eine Gebirgsüberquerung. Und dass eine solche mit einem Gefährt wie dem unsrigen nicht immer unproblematisch ist, wird uns etwa 170 km weiter knallhart vor Augen geführt. Die Wegstrecke mit ziemlich starkem Gefälle verengt sich, eine kleine Kurve vor uns und dann noch mit etwas zu hoher Geschwindigkeit, und schon ist’s passiert. Das Womo lässt sich nicht mehr kontrollieren, prescht trotz Vollbremsung geradeaus, geradewegs in eine Ansammlung von Felstrümmern. Es kracht ziemlich erbärmlich, und abrupt kommt das Fahrzeug zum Stehen. Aussteigen, Schaden begutachten, in Windeseile wieder hinein in die demolierte Blechbüchse und weitergefahren. Schnell hatte Michael erkannt, dass die massive Wagenfront zwar das Ärgste verhindert hat, aber aus dem Kühler plätschert seit dem Crash massiv Kühlflüssigkeit, so dass wir zusehen müssen, irgendwie weiter zu kommen. Hier in der kargen, unbewohnten Berglandschaft in ca. 2000 m Höhe ist keine Hilfe zu erwarten und Handyempfang gibt’s auch nicht. Nach ca. 12 km meldet die Kühleranzeige auf dem Armaturenbrett: schnellstens Kühlfüssigkeit nachschütten, bevor der Motor verreckt. Zum Glück haben wir noch reichlich Wasser im Frischwassertank. Doch wie sich herausstellt, müssen wir ab jetzt etwa alle 12 km 6 l davon abzweigen. Jedes Mal ein stressiger Akt. Und dann liegen da noch über 230 km vor uns bis nach Windhoek. Der Stress vergrößert sich, als der Vorrat langsam zu Ende geht. Und weit und breit kein Wasser, geschweige denn ein menschliches Wesen in Sicht.

Aber dann geschieht kurz vor Toresschluss doch noch das Wunder: Am Wegesrand erscheint wie eine Fata Morgana eine Farm, auf der wir von zwei Schwarzen mit dem kostbaren Nass versorgt werden. Und so können wir ob der zunehmend merkwürdigen Fahrgeräusche und des Nachfüllstresses zwar nicht beruhigt, aber immerhin einigermaßen zügig unser ersehntes Ziel ansteuern. Inzwischen wird Inge (die „eiserne Lady“) informiert. Wir hatten es kaum noch zu hoffen gewagt, aber gegen 14.00 Uhr hat der Spuk tatsächlich ein Ende und wir laufen – fertig mit den Nerven – auf Inges Farm ein.

Jetzt heißt es, einmal kräftig durchatmen, die Tatsache, wieder festen und sicheren Boden unter den Füßen haben, eine Weile zu genießen, doch schon wird wieder kräftig in die Hände gespuckt. Früher als geplant, machen wir uns daran, alles aus dem Womo herauszuholen und die gröbsten Dreck- und Staubschichten zu entfernen. Entsprechend der zurückliegenden Tour kein schnell zu bewältigendes Unterfangen. Abends strecken wir ermattet nur noch die Beine aus und ziehen uns irgendwelchen Action-Mist im Fernsehen rein.

Was für ein Abschluss unserer Afrika-Rundfahrt!

 

Mo. 21.10.  (Windhoek)

Das Geschehen des heutigen – letzten – Tages ist schnell zusammengefasst. Sachen packen (unglaubliche Mengen sind hinzugekommen) und auf Horst warten, Michaels Automechaniker aus Otjiwarongo und Hoffnungsträger, was eine finanziell erträgliche Reparatur seines Dumbo betrifft. Ich mache mich gegen Mittag aus dem Staub, trampe mit zwei netten Schwarzen nach Windhoek und verjubele während eines ausgedehnten Stadtbummels die letzten namibischen Dollars. Zwischendurch auch noch ein bisschen Alibi-Kultur bzw. Geschichte bei der Besichtigung der alten Festung gleich neben der Christuskirche. Quirlige Schulmädchen sammeln für die Anschaffung von Büchern für ihre Schulbücherei, was ich natürlich gerne unterstütze. Überall ist geflaggt und zwar die namibische und die vietnamesische Fahne. Der vietnamesische Präsident ist auf Staatsbesuch. Ich deute dies als gutes Omen für meine in drei Wochen beginnende Vietnamreise – Sabbat Teil 2 lässt grüßen.

Zum Abschlussabendessen treffen sich Michael, Inge + Sohn Michael und ich noch einmal in Joe’s Beerhouse; und so schließt sich der Kreis dieser aufregenden Afrikareise mit einem wiederum äußerst leckeren Essen, das mir einen Buschmann am Spieß oder so ähnlich beschert.

 

Di 22.10.  (Windhoek – München)

Unser unwiderruflich letzter Tag auf afrikanischem Boden. Der Countdown klappt hervorragend. Um 9.30 hebt der LTU-Airbus planmäßig ab, um uns auf ruhigem, komplikationslosem Flug in neuneinhalb Stunden nach München zu befördern. Ich verzichte auf meinen Fensterplatz und habe dafür einen Platz  in der ersten Reihe des Mittelgangs und habe vor allem Platz ohne Ende; angesichts der unglaublichen Enge auf den übrigen Plätzen kein hoch genug einzuschätzender Luxus.

Das Ende vom Lied nur in Stichworten: Ankunft in München pünktlich um 19.15 Uhr, Begrüßung durch Michaels Familie, Fahrt nach Augsburg, dortige Übernachtung und schließlich angenehme Rückfahrt per ICE und Interregio nach Meschede.

 

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